Außenminister Heiko Maas bietet den USA einen „Marshallplan“ an. Richtig gelesen!
Es bräuchte jetzt einen „Schulterschluss aller Demokraten“ weltweit. Eine feine Sache, oder nicht?
Deutschland streckt dem gewählten US-Präsidenten Joe Biden die Hand entgegen und macht sich für weltweite Demokratie stark – so jedenfalls das herbeiphantasierte Bild. Und schlägt die Hand gleich wieder rüde zurück…
Denn der Vorschlag kommt nur eine Woche, nachdem die Bundesregierung vorgeprescht ist und ein Investitionsabkommen mit der Volksrepublik China für die Europäische Union eingefädelte. Hierzulande wird das gelobt. Angela Merkel hat auf den letzten Metern ihrer Ratspräsidentschaft noch ein wichtiges Abkommen eingefädelt. Ein Abkommen, das bisher nichts weiter als eine Einigung ist, weil bisher niemand den Vertragstext kennt – und das EU-Parlament abstimmen muss.
Unabhängig davon, dass hier von den wirtschaftlichen Vorteilen geschwärmt wird, hält man sich jedoch bedeckt, was das Zustandekommen angeht. Die Einigung wurde bei einer Videokonferenz erzielt, bei der neben Merkel und Ursula von der Leyen nur die Generaldirektorin für Handel – Sabine Weyand – und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron anwesend waren.
Üblicherweise hält sich das Bild in den Köpfen, dass Deutschland in der EU übervorteilt wird. Hier hatten jedoch drei Deutsche und ein Franzose das Privileg, mit dem chinesischen Präsidenten zu verhandeln – alle anderen Länder schauten in die Röhre und wurden regelrecht düpiert. Die stets passend gerade von deutscher Seite präsentierte europäische Einigkeit und Partnerschaft wäre hier wohl im Wege gewesen. Italien, Polen und Spanien drückten ihren Unmut bereits aus. Weil man sich von den Deutschen „überrollt“ sah: insbesondere der italienische Vertreter wies darauf hin, dass angesichts der Menschenrechtsverletzungen in China, besonders in Hong Kong, unsere elementaren freiheitliche Werte offenbar gar keine Rolle spielten.
Zum anderen verwies Polen darauf, dass man die USA düpierte: da schließt man ein Geschäft mit dem autoritären Peking, einem Rivalen des transatlantischen Verbündeten und tut das ausgerechnet in der Zeit, in der die USA gerade in der Übergangsphase sind und nicht reagieren können. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Schlimmer noch, Joe Biden, mit dem Herr Maas so gerne verhandeln will, schickte dazu seinen Sicherheitsberater Sullivan vor, der um „mehr Zeit“ bat. Umsonst!
Mit unfassbarer Arroganz hat Deutschland ihn komplett ignoriert. So wie auch seine europäischen Partner. Begründung: man hätte ja vorher Einwände erheben können. Wer nicht bei der Konferenz war, kann jedoch keine Gegenstimme erheben. Ein EU-Diplomat, der nicht genannt werden will, meinte bereits: wird die EU nun so nach dem Brexit funktionieren?
Eine berechtigte Frage. Der Marshall-Plan knüpfte an seine Hilfestellungen konkrete Forderungen und erst vor ein paar Wochen lernten die Australier im Rahmen von RCEP, wie sich China nach Abschluss solcher „Partnerschaften“ verhält und mit welchem Druck und selbst zugewiesener Führungsdominanz Forderungen postuliert werden.
Für Merkel und von der Leyen ist das nicht erste Mal. Auch in der Migrationskrise 2015 wählte Deutschland ohne Rücksicht auf Verluste den Alleingang und spielte sich dann als moralisches Vorbild auf. Es ist dasselbe Deutschland, dass nun den Demokratieweltmeister spielen will, und zugleich die Volksrepublik gegen die USA ausspielt, mit der es ja so gerne eine Wertekooperation eingehen will.
Was für eine Heuchelei!